Der Sieg der Dämonen war ihre Niederlage

Theriomorphe Dämonen (=Dämonen in Tiergestalt) in Psalm 22:

Psalm 22 ist bekannt als „Jesu Leidenspsalm“. Im Zusammenhang mit „Christlicher Heilung“ sind die Stellen von Interesse, wo von theriomorphen Dämonen (=Dämonen in Tiergestalt) gesprochen wird. Dämonen verursachen nach der Einschätzung des NT Krankheiten. Daher biete ich eine Übersetzung der Verse 13-22 an. Wenn Psalm 22 als Prophetie auf das Kreuz verstanden wird, sind es die Dämonen, die sich um das Kreuz versammeln, um die Niederlage des Gottessohnes zu feiern. Aber der scheinbare Sieg der Dämonen war ihre Niederlage, denn es gab die Auferstehung!

Die Benennung „Jesu Leidenspsalm“ ist zutreffend, wenn akzeptiert wird, dass hier die Kreuzigung beschrieben wird, es sich also nicht um das Klagelied einer anderen Person handelt, das erst von den neutestamentlichen Schriftstellern mit der Kreuzigung verbunden wurde, obwohl der Psalm ursprünglich einen anderen „Sitz im Leben“ hatte. Solche Einschätzungen haben sich erst im Laufe der Auslegungsgeschichte dieses Psalms gebildet, sind also keine unanfechtbaren Tatsachen.

Die auslegerische „Dichte“ von Jesaja 53 hat aber Psalm 22 nicht. Wenn in Vers 22,3 geklagt wird, dass Gott „am Tag/ in der Nacht“ nicht antwortet, passt das nicht recht auf das Kreuz, dass doch ein ziemlich kurzes Geschehen war. Der berühmte Kreuzigungsschrei aus Vers 2 „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ wird auch nur von zwei der vier Evangelisten, nämlich Matthäus 27,26 und Markus 15,34, überliefert. Für Markus ist die rein aramäische Form des Zitates am besten bezeugt, während Matthäus eine Mischform aus hebräischer Gottesanrede und aramäischem Fragesatz hat. Da nur das hebräische „Eli“ (= Mein Gott) mit Elia verwechselt werden kann, ist diese Mischform wohl ursprünglich. An dieser Stelle möchte ich nicht anfangen, den Psalm zu kommentieren. Mein Vorschlag ist, in einer Übersetzung den Psalm in aller Ruhe zu lesen. Selbst übersetze ich nur die Verse 13 bis 22, weil hier nach meinem Dafürhalten Dämonen beschrieben werden, die der Meinung waren, am Kreuz über den Sohn Gottes zu siegen. Fast amüsant wegen der „Dummheit“ des Teufels klingt 1. Korinther 2,8, wo formuliert wird, dass die Herrscher dieses Aions (=die Dämonen) den Herrn der Herrlichkeit (=Jesus) nicht gekreuzigt hätten, wenn sie die Weisheit Gottes erkannt hätten. Der Teufel hat sich letztlich selber aus dem Himmel geworfen!

Die Nähe zu Jesaja 53 ist schon oft betont worden. Nur Psalm 22,13-22 habe ich übersetzt, wo von theriomorphen Dämonen (=Dämonen in Tiergestalt) gesprochen wird. Dämonen verursachen nach der Einschätzung des NT Krankheiten. Dämonen in den Psalmen werden auch in Psalm 91,3-13 und 59,7.15 beschrieben. In Psalm 59 werden Dämonen in Hundegestalt erwähnt, dasselbe Bild wie in Psalm 22,17a+21b. Die beiden anderen Psalmen sind nachzulesen auf der vorherigen Seite Psalmen. Wenn Psalm 22 als Prophetie auf das Kreuz verstanden wird, sind es die Dämonen, die sich um das Kreuz versammeln, um die Niederlage des Gottessohnes zu feiern. Aber der scheinbare Sieg der Dämonen war ihre Niederlage!

Auch die Verse 15 und 16 können sehr klar auf das Kreuz bezogen werden, denn sie zeigen die Todesnot, wie es das Kreuz mit sich bringt. Bei einer Krankheit ist die Zunge gewöhnlich nicht „am Gaumen festgeklebt“, denn ein Kranker kann ja trinken. Es ist in Vers 15 sogar beschrieben, dass sich die „Knochen voneinander getrennt haben“, was sehr speziell bei einer Kreuzigung durch das Festnageln und das Gewicht des Körpers geschieht. Das „durchbohrt sein der Hände und Füße“ in Vers 17b ist zwar nach der Übersetzung der LXX, aber selbst der hebräische Text könnte ein uns unbekanntes Verb enthalten, dass die LXX noch kannte.

 

13. Viele Stiere umkreisen mich, Starke Basans umzingeln mich.

14. Ihr Maul sperren sie gegen mich auf - ein zerreißender und brüllender Löwe.

15. Wie Wasser bin ich ausgeschüttet, alle meine Knochen haben sich voneinander getrennt; mein Herz ist geworden wie Wachs, zerschmolzen in meinen Eingeweiden.

16. Meine Kraft ist vertrocknet wie eine Scherbe und meine Zunge festgeklebt am Gaumen und zum Staub des Todes gibst du mich.

17. Denn Hunde umkreisen mich, die Versammlung Böser lässt einen Kreis bilden; sie haben meine Hände und Füße durchbohrt.

18. Ich zähle alle meine Knochen; jene schauen, sie sehen auf mich.

19. Sie verteilen meine Kleider unter sich und um mein Gewand werfen sie Los.

20. Aber du, JHWH, sei doch nicht fern! Meine Stärke, eile mir zu Hilfe.

21. Entreiße vom Schwert meine Seele. Aus der Hand des Hundes mein Einziges.

22. Errette mich aus dem Löwenmaul und von der Wildstier-Hörnern – du hast mich erhört!

 

Einige zusätzliche Anmerkungen möchte ich geben: 13.„Starke Basans“ werden oft als Benennung für das kräftige Vieh in Basan aufgefasst, aber schon die parallel verwendeten „Stiere“ deute ich als Dämonen. 14. Ein „brüllender Löwe“ wie in diesem Vers wird sogar in 1. Petrus 5,8 als Bild für den Teufel gebraucht. 17. „Einen Kreis bilden“ war in der Magie eine verbreitete Zauberhandlung; die Magie gehört auch in den finsteren Bereich, mit anderen Worten: das Verhalten der Dämonen ist identisch mit dem der Magier. „Durchbohrt“ lehnt sich an die griechische Übersetzung (LXX) an, wie oben angeführt; der masoretische Text nach der üblichen Übersetzung ist nicht recht verständlich: „meine Hände und Füße wie die eines Löwen“. 19. Die Erfüllung dieses Verses wird von Johannes 19,24 bezeugt. Von einem gewöhnlichen Kranken wird höchst selten die Kleidung verlost!

Anmerkungen: 13.„Starke Basans“ werden manchmal als Benennung für das kräftige Vieh in Basan aufgefasst.